Ein einziges Leben * Uraufführung

„Wir haben noch einen Truthahn, den kriegt manchmal meine Schwester, manchmal ich,

der von einer großen deutschen Firma ist. Ich kann den Porzellantruthahn nicht leiden, 

aber es ist ein Erbstück.

Und Bücher, sonst nichts.“

Was wird heute noch über das Zusammenleben im Burgenland der 1920er und 1930er erzählt? Oder über Begegnungen von Vertriebenen mit Österreich in den Jahrzehnten nach dem Krieg? Über Situationen zwischen den Menschen, die zurückgekehrt sind und denen, die nie vertrieben wurden oder sogar an den Vertreibungen teilhatten? Über Situationen, die „unangenehme Gefühle“ hervorriefen wie auch über positive Begegnungen?

Die Stückentwicklung EIN EINZIGES LEBEN beschäftigt sich mit dem individuellen Prozess des Erinnerns und der Verdrängung und dessen sprachlicher Manifestation im Erzählen der persönlichen Geschichte. 

Ausgangspunkt sind Interviews mit Jüdinnen und Juden, die vor und während des Zweiten Weltkrieges aus dem Burgenland vertrieben wurden. Die von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft im Zeitraum 2000 bis 2003 aufgezeichneten Erinnerungen bilden den Hintergrund für einen kreativen Prozess der Annäherung an die Geschichte/n.

Ein dreiköpfiges Ensemble bringt die Vielzahl an genannten Orten, Erfahrungen und Erlebnissen in eine offene Form. Szenisches wie auch Chorisches bilden eine „Dramaturgie der Erinnerung“, die nicht linear verläuft und immer wieder buchstäblich auf verschlossene Türen stößt.

„GANZ ZUM SCHLUSS ... SOLLTEN WIR NOCH ETWAS SAGEN.
ES WIRD UNS ERST MORGEN EINFALLEN.“

Mit Anna Kramer, Elisabeth Veit, Kilian Klapper

Regie: Katrin Hammerl

Bühnenbild: Elisabeth Vogetseder 

Sound: Franco Visioli

Kostüm: Valentina Mercedes Obergantschnig

Dramaturgische Beratung: Reinhold Stumpf

Licht: Alfred Masal / Video: Georg Müllner-Fang

Eine Produktion der Theaterinitiative Burgenland in Koproduktion mit dem Offenen Haus Oberwart

Besonderer Dank an Gert Tschögl und die Burgenländische Forschungsgesellschaft.

 

PREMIERE: Samstag, 23. September 2017 * 20:00 Uhr

Weitere Vorstellungen: 28., 29., 30. September 2017 * 20:00 Uhr
MATINEE: 1. Oktober 2017 * 11:00 Uhr

 

Eintritt: VVK  € 16,- / AK € 18,-

71 oder der Fluch der Primzahl

Theaterstück über die 71 Toten, die am 27. August 2015 in einem Kühl-LKW an einer Pannenbucht bei Parndorf entdeckt wurden.
Uraufführung

PREMIERE: 4. Jänner 2017, 19:30 Uhr, Volksschule Parndorf

Mit Texten von 21 burgenländischen AutorInnen, Interviews mit 15 GesprächspartnerInnen rund um die Aufarbeitung der Katastrophe, Bildmotiven von dutzenden KünstlerInnen, 5 DarstellerInnen auf der Bühne.

Szenische Einrichtung und Inszenierung: Peter Wagner
Komposition und Live-Musik: Ferry Janoska
DarstellerInnen: Bella Ban, Tania Golden, Gernot Piff, Petra Staduan, Georg Leskovich


Die Autorinnen: Christoph Andexlinger, Klaus-Jürgen Bauer, Theodora Bauer, Clemens Berger, Robert Frittum, Michaela Frühstück, Petra Ganglbauer, Karin Ivancsics, Katharina Janoska, Saskia Jungnikl, Siegmund Kleinl, Johann Maszl, Wolfgang Millendorfer, Petra Piuk, Sophie Reyer, Reinhold Stumpf, Claudia Tebel-Nagy, Katharina Tiwald, Susanne Toth, Peter Wagner, Wolfgang Weisgram

Kostüm und Ausstattung: Bella Ban / Produktionsleitung und Licht: Alfred Masal
Technik: Georg Müllner / Ton: Christoph Halper
Produktionsassistenz: Jennifer Vass / Regieassistenz: Isa Nemeth
Bauten: Rudolf Rech, Darius Ichim

Unter Verwendung von Beiträgen folgender bildender KünstlerInnen: Faek Rassul, Hans Wetzelsdorfer, Sepp Laubner, Erich Spindler, Klaus Ludwig Kerstinger, Ramadan Hussien, Zsófia Sztranyak, Josef Schützenhöfer

Eine Produktion der Theaterinitiative Burgenland in Koproduktion mit dem OHO und der Gemeinde Parndorf

Weitere Vorstellungen:
5., 6., 7. Jänner 2017 / 19:30 Uhr / Volksschule Parndorf
11., 12., 13. Jänner 2017 / 19:30 Uhr / ORF-Landesstudio Eisenstadt
19., 20., 21. Jänner 2017 / 19:30 Uhr / Offenes Haus Oberwart
22. Jänner 2017 / Matinee / 11:00 Uhr / Offenes Haus Oberwart
27. Jänner 2017, 19:30 Uhr / KUGA, Großwarasdorf

Pressekontakt: presse@rabold.at
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Wozu ein Theaterstück?
Es ist der  27. August 2015. Die Medien in ganz Europa berichten über einen Kühltransporter, der bereits seit zwei Tagen an einem Pannenparkplatz auf der Autobahn bei Parndorf abgestellt ist und aus dem die Leichenflüssigkeit einer zunächst unbekannten Anzahl seit Tagen toter Menschen tropft.
Seit diesem Tag ist der Name der Gemeinde Parndorf, des am schnellsten wachsenden Ortes im Burgenland, nicht nur mit einem Outlet-Center verbunden, sondern mit einer Katastrophe, wie sie nicht bezeichnender am Beginn eines Herbstes stehen könnte, der unter dem Überbegriff „Flüchtlingswelle“ seitdem ganz Europa in Atem hält.

Autor und Regisseur Peter Wagner über die Beweggründe zu einem Theaterstück, an dem letztlich eine halbe Hundertschaft von Menschen, vornehmlich des Burgenlandes, mitwirkt:
„Die allererste Anregung kam von Johann Maszl, dem Obmann des Theater Sommer Parndorf. Er fragte mich, warum ‚die Kunst' noch nichts über die 71 Toten von Parndorf gemacht habe. Das war ein Fingerzeig, an dem ich nicht vorbeikonnte. Als ich dann, nur wenige Tage später, das mittlerweile von der Theaterinitiative Burgenland projektierte Stück ’71 oder Der Fluch der Primzahl’ dem Parndorfer Bürgermeister und seinem Amtsleiter vorstellte, äußerte ich die Ansicht, dass es vom kollektiven Selbstbewusstsein einer Gemeinde zeuge, wenn sie die Katastrophe nicht nur als (menschliche) Tragödie betrachte, sondern vor allem auch als Chance: der Welt etwas von ihren gefährdeten und gefährlichen, vorder-, hinter- und abgründigen Seiten zu erzählen – um vor allem Sensibilität auf Gründe, Gefahren und Möglichkeiten zu erzeugen, die Europa in den Jahren der sogenannten Flüchtlingskrise heimsuchen. Und dass dieses Selbstbewusstsein letztlich auch von der Öffentlichkeit in ganz Österreich, ja möglicherweise darüber hinaus honoriert würde. Denn tatsächlich sei das, was sich nahe Parndorf Ende August 2015 ereignet habe, kein ‚Parndorfer Problem', sondern ein gesamteuropäisches."

Theaterinitiative Burgenland
„71 oder der Fluch der Primzahl“ ist eine Produktion der Theaterinitiative Burgenland, die sich unter anderem der zentralen Aufgabe des Theaters – insbesondere des zeitgenössischen Theaters – annimmt, „das ‚Drama‘ der Gegenwart auf der Bühne zu verhandeln", so der Obmann der Initiative Reinhold Stumpf. „Wie wichtig und drängend dieses Ereignis mit seinen Folgen für das Burgenland war und ist, lässt sich u. a. an der Tatsache erkennen, dass fast alle von den Autorinnen und Autoren geforderten Texte für das Stück innerhalb von zwei Wochen zur Verfügung standen. Denn obwohl seit dem Sommer 2015 in der politischen wie gesellschaftlichen Debatte kaum ein Tag vergangen ist, an dem das Thema „Flüchtlingskrise“ nicht präsent war, schien der LKW von Parndorf mit seinen 71 Toten schon bald wieder dort abgestellt worden zu sein, wo er am wenigsten stört: in der kollektiven Verdrängung."

Kooperation mit OHO und Gemeinde Parndorf
Die Zusammenarbeit zwischen dem Offenen Haus Oberwart und der Theaterinitiative Burgenland hat sich schon bei vorangegangen Projekten bewährt, und so greift man auch dieses Mal – vor allem in organisatorischen und technischen Belangen – auf die Erfahrung des OHO zurück.
Aufgeführt wird „71 oder der Fluch der Primzahl" am Ort des Geschehens – in der Gemeinde Parndorf. Der Initiative des Parndorfer Bürgermeisters Wolfgang Kovacs ist es zu verdanken, das das Projekt im Gemeinderat behandelt und in weiterer Folge finanziell unterstützt wird. In einem Vorgespräch mit Peter Wagner haben Wolfgang Kovacs uns sein Amtsleiter Otto Lippert zugegeben, dass sie in jenen verhängnisvollenTagen „an der Grenze ihrer psychischen Belastbarkeit“ gestanden sind.
Bürgermeister Wolfgang Kovacs: „Dieses erste Gefühl, dass 71 Menschen in unserem Dorf auf furchtbare Art gestorben sind, lässt sich einfach nicht beschreiben. Es war erschütternd, einfach unvorstellbar. Danach dieses absurde erlösende Gefühl, dass diese Menschen bei uns ‚nur‘ gefunden wurden, aber nicht gestorben sind. Was bleibt, ist das Wissen um die größte menschliche Tragödie in unserer Gemeinde seit dem zweiten Weltkrieg. Wir wollten ein Mahnmal setzen für eine friedliche Welt. Nun wurde es ein kulturelles Mahnmal, welches wohl weitaus weiter wirken wird."

Pressestimmen

Erfolgreiche Premiere von "71"
Hochdramatisch, satirisch, dem Populismus nachempfunden, aber auch sehr poetisch sind die Texte, die Peter Wagner in eindrückliche Bilder umgesetzt hat. ... Dem Ensemble, den 21 Autorinnen und Autoren und den 71 Toten von Parndorf erwies das Publikum bei der Uraufführung seinen Respekt, in dem es sich zum Applaus von den Sitzen erhoben hat.
ORF-Burgenland Premierenbericht

Hommage an 71 Tote Flüchtlinge
Berührende Aufarbeitung der Flüchtlingstragödie im Theaterstück „71 oder Der Fluch der Primzahl“. Das mit viel Fingerspitzengefühl gestaltete Theaterstück gilt als kultureller Gedenkstein für die unfassbare Tragödie, bei der 59 Männer, acht Frauen und vier Kinder auf dem Weg in ein vermeintlich besseres Leben qualvoll ums Leben kamen.
Kurier

Theater baut dem Unsagbaren ein Denkmal
"71 oder Der Fluch der Primzahl" bewegt sich permanent zwischen Schwere und der Möglichkeit zum Aufatmen, sucht die Grenzen und ist der Versuch, den Opfern auf der Bühne ein immaterielles Denkmal zu schaffen.
Salzburger Nachrichten

Bewegende Premiere
Fünf Darsteller – Bella Ban, Tania Golden, Gernot Piff, Petra Staduan und Werner Wultsch – wechseln zwischen gespenstischer, nonverbaler Präsenz und starken Dialogen. Das Konzept geht auf. Am Ende bleibt ein Theaterabend, der – bei all der Tragik des Themas auch reich an Schauwerten – betroffen macht, aufwühlt und in dem die Sprache der Kunst auf gewisse Fragen auch eine Antwortmöglichkeit liefert.
NÖN

Kunst an der Endstation
Auf der Leinwand wird die Entdeckung der Leichen, ihre Bergung, Identifizierung, Heimführung in Interviews nacherzählt. Die Überforderung durch den Massentod hinterließ Spuren. Lebenswahr ist ausgemalt, wie Flüchtlinge in ihren Handys ihre Familiengeschichte, ihr Familiennetzwerk bergen. Die Parade der Maßnahmen der Amtsträger und Helfer - Elke Boschner betreut noch heute in Parndorf Flüchtlinge - ist Medizin gegen die Ohnmacht, die sich jeder eingestehen muss: Ohnmacht gegenüber dem Unfassbaren des Eingeschlossenseins, Erstickens, massenhaften Verderbens.
Wiener Zeitung

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