Europas heiliger Krieger

EIN DRAMA IN NEUN SZENEN

VON SIEGMUND KLEINL

Die diesjährige Produktion der Theaterinitiative Burgenland nimmt den Landespatron des Burgenlandes ins Visier und bietet eine ungewohnte Sicht auf den prominenten Heiligen. Damit setzen wir im Jubiläumsjahr „1700 Jahre Hl. Martinus“ bewusst einen Kontrapunkt, indem – angesichts der aktuellen Entwicklungen in Europa und der Welt – das landläufige Bild des barmherzigen Mantelteilers in das differenzierende Licht der Gegenwart gerückt wird.

Ein Krieger für den Glauben
Um den Heiligen Martin gibt es viele Mythen, in Europa sind ihm rund 700 Kirchen geweiht, in vielen Ländern wird er verehrt. Der Autor und Theologe Siegmund Kleinl aus Schützen will in seinem neuen Stück nun zeigen, was diesen Mann tatsächlich ausgemacht haben dürfte, transferiert ihn ins Heute und möchte entzaubern: „Die Figur des Martin lässt zum Beispiel heidnische Tempel zerstören, weil sie überzeugt ist, dass es diese einzige Wahrheit gibt, die es durchzusetzen gilt und ich habe angenommen, dass dabei auch Menschen zu Schaden kommen,“ sagt der Autor. Er erzählt also von einem radikalen Krieger, in dem man leicht Parallelen zu IS-Kämpfern entdecken kann.

Wandelbarer Fanatismus
Martin, dargestellt von Gernot Piff, tritt anfangs als Fundamentalist auf – bis ihm Einhalt geboten wird und er erkennt, dass er auf einem falschen Weg ist. Wie weit kann sich aber ein Radikaler wandeln? Das ist die zentrale Frage, die sich permanent stellt. Seine inneren Zweifel, seine Zerrissenheit und Wandlung drücken sich im Bühnenraum auch durch Projektionen aus. Geschichten, die sich in Martins Innerem abspielen, werden über eine Stoffleinwand und durch Tonaufzeichnungen greifbar. Gezeigt wird die menschliche Seite dieser Gestalt – auch inklusive humoriger Facetten. „Ich will der Figur eigentlich diesen Bierernst, den theologischen Ernst nehmen und auch den gewitzten Verführer zeigen, der durchaus mit Schmäh an die Dinge des Lebens geht“, erklärt Regisseur Peter Wagner.

Ein guter Deal
Martin verändert sich zu einem toleranten Mann und erkennt, dass seine Aufgabe darin besteht, Heil im Hier und Jetzt zu schaffen. Deshalb geht er einen Deal mit Bankern ein, verspricht ihnen Zugang zu einer transzendenten Macht und bekommt im Gegenzug Geld für die Armen. Ein Lösungsansatz, den Kleinl durchaus auch beispielgebend verstanden wissen will. Denn wichtig ist ihm stets die Gegenwart. Dem stimmt auch Peter Wagner zu, wenn er sagt: „Was wir im Theater tun, ist immer Gegenwart zu hinterfragen, da ist es völlig wurscht, ob wir eine Figur aus der Antike, aus dem Mittelalter oder der Jetztzeit auf die Bühne stellen.“

Zitat des Autors zu seinem Stück
„Es geht um eine Lösung. Um ein Sichlösen vom Festgefahrenen, Leblosen, Toten, das vom Fluss des Lebens, von einer lebendigen Sprache, in Bewegung gesetzt wird. Eine wesentliche Quelle menschlicher Energie ist die Sprache. Sprache ist immer eine Form der Überschreitung des Gegebenen. Das bloße Existieren erhält durch sie die Aura von Bedeutung und Sinn.“

EIN DRAMA IN NEUN SZENEN VON SIEGMUND KLEINL

Uraufführung

>> druckfähige Fotos zum Download

Regie: Peter Wagner

Darsteller: Gernot Piff

Musik: Ferry Janoska

Einrichtung der Bühnen-, Licht-, Video- und Tonelemente: Peter Wagner

Technikdesign auf multiplen Ebenen: Georg Müllner

Regieassistenz: Isa Nemeth

Produktionsleitung: Alfred Masal

Virtueller Chor: Siegmund Kleinl, Gernot Piff, Eveline Rabold, Reinhold F. Stumpf

Virtuelle Chorführerin: Katharina Tiwald

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